Elektro- und Hybridantriebe gewinnen an der Waterfront an Fahrt

Marine Nachrichten • 2 Februar 2018

Die Revolution der Elektromobilität wird maßgeblich vom Landverkehr getragen. Branchenstatistiken sagen voraus, dass der Verkauf von Elektrofahrzeugen in den nächsten 20 Jahren die von Verbrennungsmotoren überholen wird. Viele Länder in Europa und Asien haben bereits aggressive Fristen für den Ausstieg aus dem Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor verabschiedet, und einige Städte wie London planen, sie vollständig von ihren Straßen zu verbannen. Die gleichen Regeln werden wahrscheinlich auch auf ihre Wasserstraßen ausgedehnt.

Einige der weltweit größten Automobilhersteller haben angekündigt, in den nächsten Jahren ihre gesamte Produktion von Verbrennungs- auf Elektro- oder Hybridantrieb umzustellen. Die Umladeinfrastruktur wird sich schnell ausbreiten, um die Nachfrage zu befriedigen, genauso wie die Tankstellen in den frühen Tagen der Kraftfahrzeuge allgegenwärtig wurden. Auf der anderen Seite wird Wiederaufladen in der Schiffsindustrie weniger ein Problem sein, da die meisten Docks und Terminals bereits Landstromanschlüsse haben.

Auf der jüngsten internationalen Bootsausstellung hat Marine News Torqeedo getroffen, ein deutsches Unternehmen, das an der Spitze der Einführung von Elektro- und Hybridtechnologien in den Markt für leichte kommerzielle Schiffe steht.

Frühzeitige Anwender

Torqeedo ist seit 13 Jahren im Geschäft und hat anfangs kleine, leichte elektrische Außenborder für RIBs, Jollen, Kajaks, Kanus und Pontonboote verkauft. Im Laufe der Zeit hat das Unternehmen seinen Leistungsbereich und die Komplexität seiner integrierten Systeme erweitert. Es stattet jetzt größere Freizeityachten und kommerzielle Arbeitsboote mit elektrischen Außenbordmotoren und Innenbordsystemen mit Wellen- oder Podantriebsantrieben aus, entweder in vollelektrischer oder hybrider Konfiguration. Torqeedo behauptet, mehr als 70.000 Elektromotoren in Betrieb zu haben. Die Produktpalette reicht von 1 bis 80 PS.

Der primäre limitierende Faktor in der Elektromobilität ist laut Torqeedo nicht der Elektromotor, sondern die Energiespeichertechnologie. Erfreulicherweise werden die Batterien jeden Tag besser, was wiederum auf die Forschung und Entwicklung im Automobilbereich zurückzuführen ist. Das Unternehmen geht davon aus, dass sich die Energiedichte in Batterien in den nächsten zwei Jahren um 70 Prozent verbessern wird, während die Kosten in Dollar pro Kilowattstunde im selben Zeitraum um die Hälfte sinken werden. Es ist erwähnenswert, dass Torqeedo eine Vereinbarung mit BMW unterzeichnet hat, marinisierte i3 Lithium-Autobatterien mit seinen Deep Blue-Systemen zu integrieren.

Der Fall für Elektro

Es gibt ein überzeugendes Argument für den elektrischen Antrieb - für bestimmte Arten von Booten mit spezifischen Nutzungsmustern. Torqeedo selbst räumt ein, dass ein rein elektrisches Antriebssystem derzeit nicht für Schiffe geeignet ist, die lange Zeit mit hohen Geschwindigkeiten fahren. Auf der anderen Seite bietet die Elektrik einzigartige Vorteile gegenüber Gas- oder Dieselsystemen für langsamere Schiffe mit kürzeren Laufzeiten. Und Hybridlösungen - obwohl sie in Bezug auf die Kapitalkosten teurer sind - können größere Boote mit höheren Geschwindigkeiten für längere Zeiten treiben. Das Aufladen des Solarpanels kann die Reichweite ebenfalls beträchtlich erhöhen.

Der höhere CapEx von Elektro- oder Hybridantrieb gegenüber einem vergleichbaren Motor, der mit fossilen Brennstoffen betrieben wird, wird durch einen niedrigeren OpEx kompensiert; in Bezug auf Kraftstoffeinsparungen, reduzierte Wartungskosten und erhöhte Verfügbarkeit. Darüber hinaus sind die elektrischen Preise stabiler als die Brennstoffpreise, was zu besser kalkulierbaren Kosten führt. Torqeedo berechnet, dass, wenn die jährlichen Treibstoffkosten eines Bootes 6.000 $ übersteigen, der elektrische Antrieb in wenigen Jahren eine Kapitalrendite erbringen wird. Danach fangen die Einsparungen an zu wirken. Torqeedo bietet eine langfristige Batteriekapazitätsgarantie von bis zu neun Jahren nach der Inbetriebnahme, wodurch sichergestellt wird, dass die Batterien selbst bei ihrer Verwendung mindestens 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität behalten jeden Tag. Es gibt auch immaterielle Vorteile wie die Gesundheit von Besatzung und Fahrgästen, indem sie ihre Exposition gegenüber Lärm, Auspuffgasen, Vibrationen und Dämpfen verringern.

Nachhaltige Wasserstraßen

Die städtischen Behörden auf der ganzen Welt suchen aktiv nach Möglichkeiten, ihre Luft und ihre Umwelt zu reinigen und die Lebensqualität ihrer Gemeinden zu verbessern. Ein Weg, um dies zu erreichen, ist die Verlagerung von Menschen, die den Verkehr von verstopften Straßen zu Wasserstraßen verlagern, indem Flotten von elektrischen Fähren und Wassertaxis geschaffen werden. Für diese Anwendungen kann Elektroantrieb eine attraktive Alternative sein, um Reinluftziele zu erreichen. Es wurde berechnet, dass ein einzelner 80-PS-Viertakt-Außenbordmotor so viel NOx- und Kohlenwasserstoffemissionen ausstößt wie 350 Autos, so dass elektrifizierende Workboat-Flotten einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung der Luftverschmutzung leisten.

Um dieser wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, konzentriert sich Torqeedo auf Wassertaxis, Ausflugsboote und Passagierfähren. Das Unternehmen verweist auf eine Reihe erfolgreicher Installationen in den letzten 12 bis 18 Monaten.

Die Stadt San Antonio beispielsweise hat gerade eine Flotte von 43 elektrischen Passagierbooten für das ikonische River Walk Downtown Kanalsystem in Betrieb genommen. Die 27-ft-Schiffe, die von Metalab entworfen und von Lake Assault Boats gebaut wurden, werden jeweils von einem elektrischen Torqeedo-Antriebssystem angetrieben, das aus einem 20 PS starken elektrischen Außenborder und 16 Lithiumbatterien mit eingebautem Landstromanschluss für schnelles Aufladen besteht. Die Lastkähne bieten Platz für bis zu 40 Passagiere und können für verschiedene Rollen für Touren, Restaurants, Wassertaxis, Unterhaltung und Wasserparaden konfiguriert werden. Sie fahren mit etwa vier Knoten und können laut den Schiffsbetreibern normalerweise bis zu zwölf Stunden ohne Nachladung fahren.

Das größte 100-prozentige elektrische Passagierboot Kanadas, Queen Elizabeth Dr., fährt seit 2016 auf dem malerischen Rideau Canal von Ottawa. Das 75-Fuß-Ausflugsboot wird von zwei Torqeedo Deep Blue 80 PS-Außenbordmotoren angetrieben - einer an jedem Ende Das Boot ist zu lang um sich in der engen Wasserstraße umzudrehen. Das Schiff macht bis zu acht 90-Minuten-Touren mit 4,5 Knoten pro Tag. Der Bediener meldet einen schnellen ROI. Das elektrische Energiesystem war ungefähr $ 90.000 mehr als vergleichbare gasbetriebene Außenbordmotoren, aber die höheren ursprünglichen Kosten werden durch $ 26.000 pro Jahr in verringerten Betriebsausgaben ausgeglichen, die eine Gewinnschwelle in 3.5 Jahren geben.

Separat hat Watertaxi Rotterdam 2016 das erste Hybridschiff seiner Flotte hinzugefügt. Das Boot wird von einem Torqeedo Deep Blue 80 PS Elektromotor mit integriertem Energiemanagementsystem angetrieben. Zwei 20-kW-Generatoren halten die Batterien bei Geschwindigkeiten von bis zu 13,5 Knoten auf der Maas im Zentrum der Stadt geladen. Der Betreiber behauptet, dass das neue Boot 70 Prozent mehr Kraftstoffeffizienz als die anderen 15 Wassertaxis in der Flotte hat.

Ebenfalls in den Niederlanden nahm Ende 2017 die erste speziell gebaute solar / elektrische Passagierfähre im Hafen von Harlingen ihren Betrieb auf. Das Boot verfügt über ein einzigartiges integriertes Antriebssystem mit zwei unabhängig voneinander gesteuerten Torqeedo 8hp Gegenlenkerantrieben vorne und hinten eine außergewöhnliche Manövrierfähigkeit. Das Boot kann in einem 90-Grad-Winkel nach Backbord oder Steuerbord gefahren werden und einen 360-Grad-Kreis in jeder Richtung innerhalb seiner eigenen 28-Fuß-Länge ausführen. Die 48-V-Lithium-Batterien werden automatisch von den 12 Dach-Dünnschicht-Solarmodulen geladen, und das Boot kann bei Zwischenstopps für einen zusätzlichen Lade-Boost in Landstrom stecken.

Schwermetall

Torqeedo besteht darauf, dass die Größe und das Gewicht des Schiffs keine Herausforderung für den elektrischen Antrieb darstellen. Denn im Vergleich zu Verbrennungsmotoren haben Elektromotoren eine extrem flache Drehmomentkurve. Der drehmomentstarke Motor liefert die Kraft, um einen viel größeren Propeller zu treiben, der in der Lage ist, sehr schwere Lasten zu schieben. Ein Beispiel ist ein Unternehmen, das Baggerschuten in Kiesgruben in Deutschland betreibt. Der Steinbruchbesitzer Kaspar Weiss GmbH hat das emissionsfreie Stromsystem für seine Bagger spezifiziert, um eine hocheffiziente grüne Lösung zum Schutz des lokalen Grundwassers und zur Reinhaltung der Luft zu bieten. Die 44 Meter langen Schiffe, die bis zu 120 Tonnen Fracht befördern, werden von einem Torqeedo Deep Blue-Hochspannungssystem angetrieben. Das Schiff bewegt sich typischerweise etwa 500-600 Meter mit einer Geschwindigkeit von etwa 3 Knoten, öffnet seine Falltüren, fährt zurück und steckt die Ladegeräte ein - etwa ein bis zehn Mal pro Tag. Dieser Besitzer hat Torqeedo Außenborder auch auf Schubbooten installiert, die bei der Entsorgung von Nebenprodukten verwendet werden.

(Wie in der Januar 2018 Ausgabe von Marine News veröffentlicht )